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Präsidentschaftswahl in Kenia 2022

Schicksalswahl

Am 09. August dieses Jahres fanden in Kenia die Präsidentschaftswahlen statt. Aus verschiedensten Gründen wurde die Wahl gemeinhin als Schicksalswahl, als Zerreißprobe für Kenia angesehen.

Der aktuelle Präsident Uhuru Kenyatta, der das Land mehr als 10 Jahre geführt hatte, musste nun abtreten und hinterließ ein gebeuteltes Land. Neben den Lieferengpässen durch den Krieg in der Ukraine, den Ernteausfällen durch die Dürre und den Folgen der Pandemie, hat das Land auch immer noch mit viel Korruption und einer immensen Überschuldung zu kämpfen (ausführlicher in unserem letzten Blog). Darüber hinaus hatte Kenyattas Regierung auch noch Steuererhöhungen eingeführt. Kenyatta, dessen Vater der erste Staatspräsident nach der Unabhängigkeit Kenias war, hatte dem Land dennoch viermal so viele Schulden als zu seinem Amtsantritt hinterlassen. Der neue Präsident muss sich diesen Herausforderungen nun stellen.

Weiterhin fällt Kenia, als stärkste Volkswirtschaft in der Region, die Rolle des Mediators und Stabilisators in Ostafrika zu. Auch diese Stabilität zu halten, fällt nun in die Hände von Kenyattas Nachfolger.

Ebenso gab es, nach starken Ausschreitungen in Folge der letzten Wahlen, eine konstitutionelle Wahlrechtsreform, die für mehr Transparenz und weniger Einfluss der Präsidentschaft durch Dezentralisierung sorgen und somit das politische Klima verbessern sollte. Ob dies nun geklappt hat, sollte sich durch die aktuelle Wahl zeigen.

Zuletzt dürften sich die Wahldynamiken seit der letzten Wahl geändert haben: Von der größten Ethnie in Kenia, den Kikuyu, war diesmal kein Kandidat aufgestellt und zum ersten Mal durften auch Menschen in Gefängnissen und in anderen Ländern ansässige Kenianer*innen bei der Wahl teilnehmen. Aus all diesen Gründen wurde auf der ganzen Welt gespannt auf die Geschehnisse der kenianischen Präsidentschaftswahl geäugt.


Kandidaten & Ergebnis

Oppositionsführer und ehemaliger Präsident Raila Odinga trat gegen den aktuellen Vizepräsidenten William Ruto an. Die beiden genannten sind die Kandidaten der beiden größten und relevantesten Parteien, die das Rennen gemeinhin zwischen sich entscheiden. Neben ihnen traten allerdings offiziell noch zwei weitere Kandidaten an, die allerdings kaum Stimmen erringen konnten. Gleichzeitig wurden ebenfalls Regionalwahlen abgehalten.

Der Herausforderer Odinga gehört der Bevölkerungsgruppe der Luo an und stammt aus einer wohlhabenden Familie. Obwohl er als Oppositionsführer lange als Erzrivale des amtierenden Präsidenten Kenyattas galt, ging er 2017 mit diesem eine Kooperation ein und wird bei der aktuellen Wahl von ihm unterstützt. Odinga steht also für den Erhalt des Status quo. Der amtierende Vizepräsident Ruto hingegen, kommt aus einfachen Verhältnissen und stellte sich im Wahlkampf erfolgreich als Mann des einfachen Volkes dar. Seine Wahlversprechen sind Hilfe für die Armen, Mindestpreise für Landwirtschaftsprodukte, günstiger Dünger und Unterstützung bei der Unternehmensgründung. Diese stützen das Framing „hustlers vs. dynasties“, wobei auch an ihm Korruptionsverdacht hängt. Als Ziehkind des zweiten Präsidents des Landes, Daniel Arap Moi, besteht außerdem die Gefahr, dass er demokratische Freiheitsrechte zurückbauen könnte.

Die Wahlbeteiligung lag bei 64%, was im Vergleich zur letzten Wahl vor 5 Jahren, bei der 80% der Wahlberechtigten teilnahmen, eher wenig ist. Am 15.08.22 wurde das erste offizielle Ergebnis bekannt gegeben: ganz knapp konnte Ruto mit 50,49% zu 48,85% die Wahl für sich entscheiden.

Unruhen

Wie sich zeigte hatte dieses Ergebnis allerdings einen üblen Beigeschmack: Eine Mehrheit der amtlichen Wahlkommission (4 von 7 Mitgliedern, darunter die Vizepräsidentin der Wahlkommission) weigerten sich das Ergebnis zu unterzeichnen. Im Vorfeld der Ergebnisverkündung hatten sie bereits das Wahlzentrum in Nairobi verlassen. Obwohl die aktuelle Wahl grundsätzlich die bisher transparenteste war, da beispielsweise eine Bekanntgabe des Ergebnisses nach 7 Tagen vorgeschrieben war und das ganze Geschehen live im Fernsehen übertragen wurde, gab es wohl einige Ungereimtheiten. Die Beobachtenden Hauptamtlichen der EU und AU hatten die Wahlkommission außerdem für einen reibungslosen Ablauf gelobt. Dennoch nannten die Mitglieder der Wahlkommission Undurchsichtigkeiten im letzten Wahlgang als Grund ihres Protestes, machten allerdings keine genaueren Angaben. Ob und warum das Ganze nun generell fair abgelaufen ist, wird sich wohl im Verlauf der nächsten Tage und Wochen ergeben.

Unabhängig davon, ob tatsächlich Wahlbetrug vorliegt, werden nun Unruhen befürchtet. Schon in Folge der Präsidentschaftswahl 2007 gab es heftige Tumulte, bei denen über 1000 Menschen ums Leben kamen. Und auch im Jahre 2017 gab es leichte Unruhen, nachdem Odinga die verlorene Wahl anfechtete. Dieses Mal gab es ebenfalls einzelne Proteste und Ausschreitungen. Obwohl beide Kandidaten im Vorfeld der Wahl bekannt gegeben hatten das Ergebnis ungeachtet des Ausgangs nicht anfechten zu wollen, ist zu erwarten, dass Odinga dies nun doch tun wird. Er bezeichnete das Ergebnis als „null und nichtig“ und kritisierte den Vorsitzenden der Wahlkommission Chebukati schärfstens. Er rief sich allerdings nicht selbst zum Wahlsieger aus, sondern meinte, dass es noch keinen gesicherten Sieger gebe. Für die Anfechtung hat er sieben Tage Zeit, danach wird das oberste Gericht entscheiden, ob Wahlbetrug vorliegt und es sogar Neuwahlen geben wird.



Quellen:

https://www.sueddeutsche.de/politik/kenia-odinga-ruto-wahl-1.5640170

https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/wahl-kenia-119.html

https://taz.de/Streit-um-Wahlergebnis-in-Kenia/!5871782/

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