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Blog: Entwicklungszusammenarbeit in den Wahlprogrammen der Bundestagsparteien

- von links nach rechts verfasst 😉 -

Da am 26.09., also in weniger als zwei Wochen schon, Bundestagswahl ist, haben wir uns diesmal für euch angeschaut, was die Bundestagsparteien bezüglich Entwicklungszusammenarbeit (EZ) in ihren Wahlprogrammen stehen haben. Zunächst werden dafür nun einige Begrifflichkeiten geklärt, woraufhin die Parteiprogramme der Parteien Linke, Grüne, SPD, FDP, CDU/CSU und AfD in den Kategorien Themenschwerpunkte, Art der EZ, Verknüpfungen, Rolle Europas, Finanzierung und Evaluation der EZ gegenübergestellt werden. Dieser Überblick über die Pläne der Bundestagsparteien zur EZ soll rein beschreibender Natur sein. Zukunftswaisend möchte explizit keine Wahlwerbung machen und die Interpretation der Pläne der verschiedenen Parteien und deren Passung mit unserer Vision soll den Leser*innen überlassen bleiben.

Zwei wichtige Vokabeln sind die ODA-Quote und LDCs. Die Entwicklungsleistungen von Geberländern wie Deutschland, werden an der sogenannten ODA-Quote (Official Development Assisstance) gemessen. Diese gibt den Anteil der Ausgaben für EZ am Bruttonationaleinkommen an. Einige der Parteien beziehen sich daher im Rahmen ihrer Finanzierungspläne auf diese Quote. Weiterhin ist „Am Wenigsten Entwickelte Länder“ (Englisch: least developed countries, LDCs) ein von den Vereinten Nationen definierter sozioökonomischer Status. 46 Nationen, deren überwältigende Mehrheit in Afrika liegt, erfüllen diesen Status momentan. Kenia gehört nicht dazu. Auf die spezielle Förderung der LDCs wird ebenfalls in einigen Wahlprogrammen eingegangen. Zuletzt gibt es drei grundlegende Übereinkünfte, auf die sich die Parteien beziehen: Die Agenda 2030, das Pariser Klimaabkommen und die Internationale Menschenrechtscharta. Die Agenda 2030 ist ein Fahrplan zu globalen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklungsaspekte, der 17 zu erreichende Nachhaltigkeitsziele (Englisch: Sustainable Development Goals, SDGs) bis 2030 beinhaltet und im Jahr 2015 von der UN verabschiedet wurde. Das Pariser Klimaabkommen ist eine im Jahre 2015 verabschiedete Übereinkunft der Klimakonvention der Vereinten Nationen, mit dem Ziel das Klimasystem vor den Folgen des menschengemachten Klimawandels zu bewahren. Die Internationale Menschenrechtscharta definiert, vor allen Dingen, universelle unveräußerliche Rechte, die jedem Menschen gegeben sind. Der letzte Vertragsentwurf wurde 1976 von der UN angenommen.

Bevor wir zu den inhaltlichen Unterschieden der Parteiprogramme kommen, lassen sich in der Berufung auf eben diese Übereinkünfte bereits Unterschiede entdecken: Grüne, SPD und Union berufen sich auf alle drei genannten Abkommen, die FDP nur auf die Agenda 2030 und die Linke nur auf die Menschenrechtscharta. Der Entwurf der AfD zur EZ bezieht sich hingegen auf keinen dieser wegweisenden Verträge.


Themenschwerpunkte

Obwohl sich die Parteien in ihrem Themenfokus grundsätzlich sehr ähnlich sind, gibt es doch ein paar erwähnenswerte Unterschiede. Von der Linken bis zu Union sind die Grundthemen ungefähr die gleichen: Schlagwörter wie humanitäre Hilfe, Krisenprävention, Überwindung von Hunger und Armut oder Klima- und Tierschutz tauchen in all jenen Wahlprogrammen auf. Wenig überraschend, betonen die Grünen den internationalen Klimaschutz im Besonderen und die FDP das Hauptziel der Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung vor Ort, sowie der Einbindung Afrikas in die globalen Wirtschaftssysteme und die Unterstützung von Freihandel statt Protektionismus. Ausgerechnet Linke und Union unterstreichen die Wichtigkeit von Agrar- und Frauenförderung, wobei die Union ebenfalls verstärkt auf Energiewende und eigenständige Sicherheitspolitik Afrikas eingeht. Die SPD wird in ihren Vorstellungen wenig konkret und belässt es bei Schlagwörtern. Aus der Reihe tanzt wiederum die AfD, deren einziger explizit genannter Themenschwerpunkt die „realistische Begutachtung der Bevölkerungsexplosion in Afrika“ ist.



Art der EZ

Die einzigen beiden Parteien, die den Kolonialismus explizit erwähnen sind Linke und Grüne. Beide geben an, dass EZ antikolonialistisch und antirassistisch strukturiert werden müsse. Die Linke fordert weiterhin, dass es keine weitere Ausbeutung unter dem Deckmantel der EZ geben dürfe. Als Beispiel solcher Ausbeutung nennt sie den Marshallplan mit Afrika, der eine neue Art der politischen Zusammenarbeit Deutschlands mit Afrika vorsieht, wobei allerdings auch afrikanische Arbeitskräfte, Märkte und Ressourcen für Deutschland nutzbar werden sollen. Daher fordert die Linke die Strukturen vor Ort im Sinne der Ziele und Kulturen der jeweiligen Länder zu stärken und nicht nach den Zielen Europas. Die Grünen bleiben bei der Art der EZ eher unkonkret und fordern die Unterstützung der sozial-ökologischen Transformation im globalen Süden. Bei SPD und FDP findet man nichts zur Art und Weise der EZ und die Union wünscht sich eine „bilaterale Zusammenarbeit mit den LDCs“. Die genauesten Vorstellungen hat tatsächlich die AfD, die Eigenverantwortung, staatliche Selbstbestimmung und Wahrung kultureller Identität in der EZ betont. Außerdem müsse EZ auf langfristige Kooperationen aus sein und Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichen.



Verknüpfungen

Die Linke plädiert dafür, dass EZ geschehen muss, ohne an weitere Bedingungen wie Sicherheitspolitik geknüpft zu sein. Beispielsweise dürfe Migrationsschutz nicht als Forderung an EZ gebunden sein. Die Grünen möchten EZ, Klimafinanzierung, humanitäre Hilfe und zivile Krisenprävention bündeln und so Innovationen zur Ursachenbekämpfung von Flucht und Klimawandel entwickeln. Während SPD und FDP nichts zu etwaigen Verzahnungen verlauten lassen, möchte die Union EZ mit Außenwirtschaftsförderung verbinden. Deutsche Unternehmen sollen demnach in moderne Arbeit in LDCs investieren. Außerdem möchte die Union in der EZ weiterhin mit NGOs und Kirchen kooperieren. Zuletzt binden sie einige Forderungen an LDCs an die EZ: Diese sollen Fluchtursachen bekämpfen, korruptionsfrei und rechtsstaatlich sein und den Rohstoffwettbewerb stärken. Die AfD möchte EZ an deutsche Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen binden. Weiterhin möchte auch sie EZ an Forderungen binden. Die Nehmerstaaten sollen korruptionsfrei sein, Staatseinkünfte und Bodenschätze offenlegen, einen Beitrag zur regionalen Stabilität leisten, bereit sein Migrant*innen (die AfD gendert hier natürlich nicht :D) zurückzunehmen und generell pfleglich mit den ihnen zur Verfügung gestellten Mitteln umgehen.



Rolle Europas

Die Linke äußert sich nicht zur Rolle Europas in der EZ. Die Grünen fordern lediglich die europäische Vernetzungspolitik voranzutreiben. Die SPD hingegen sieht die EU in einer Vorreiterrolle bei der EZ: Die EU-Mittel für EZ müssten erhöht werden, man müsse neue Nachbarschaftsverhältnisse schaffen und den Westbalkan aufnehmen und ein neues Level an Zusammenarbeit mit Afrika erreichen. Die FDP möchte EZ generell stärken und um dies zu erreichen innerhalb und außerhalb Europas besser kooperieren. Konkret schlägt sie weiterhin eine europäische Entwicklungsbank, die unter dem Dach der EU-Investitionsbank stehen soll, vor. Die Union möchte den Mitteleinsatz in der EZ innerhalb der EU besser absprechen und Standards entwickeln, die global gelten sollen. Weiterhin möchte sie den Marshallplan zu einem EU-Afrikarat weiterentwickeln, die afrikanische Freihandelszone unterstützen und Europa durch die EZ auch im Rohstoffwettbewerb stärken. Die AfD sieht die europäische Rolle darin, dass die EU sich zurückziehen soll. Sie fordert eine EU-Reform, die die EZ wieder vollständig in nationale Verantwortung übergibt.



Finanzierung

Laut der Linken müsse die EZ rein öffentlich, also ohne private Unternehmen, finanziert werden. Weiterhin sollten laut Parteiprogramm die Budgethilfen, also Direktzahlungen an Nehmerländer, gestärkt werden und das für die EZ zugedachte Geld auch wirklich freigegeben werden. Die Grünen möchten die internationalen Zusagen zu EZ, Biodiversität, und Klimafinanzierung einhalten. Daher fordern sie eine ODA-Quote von 0,7% bis 2025 und weitere 10 Milliarden zur internationalen Klimafinanzierung. Auch die SPD möchte mindestens diese Quote erreichen und sieht weiterhin 0,2% der 0,7% für LDCs vor. Die Union möchte über die 0,7% ODA-Quote hinaus Unternehmensinvestitionen stärken. Unternehmen soll dafür Zugang zu Kapital erleichtert und eine staatliche Risikoabsicherung geboten werden. Die FDP möchte bis 2030 0,2% des Bruttoinlandsproduktes für EZ ausgeben und möchte dieses Geld vor allem in multilaterale Förderung von LDCs stecken. Das Einzige was die AfD zur Finanzierung verlauten lässt ist, dass ihrer Ansicht nach die Nehmerländer mindestens 51% der Kosten der EZ selbst tragen sollten.



Evaluation

Zur Evaluation des Erfolges von EZ schweigen die meisten Parteien leider. Neben den Grünen fordert ausgerechnet die AfD eine gründliche unabhängige Evaluation der Wirksamkeit von EZ. Diese müsse messbare Ergebnisse liefern. Die Grünen fordern weiterhin eine generell enge Kooperation mit der Wissenschaft im Rahmen der EZ.



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